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"El Brazo" - Parallelogramm-Montierung aus Carbon

Parallelogramm-Montierung aus Carbon

Große Ferngläser, vor allem mit hoher Vergrößerung, können nicht mehr freihändig zur Himmelsbeobachtung gehalten werden. Sie gehören unbedingt auf ein Stativ. Dabei haben solche mit geradem Einblick aber einen entscheidenden Nachteil. Da der Schwerpunkt des Fernglases mehr oder weniger auf halbem Weg zwischen Objektiv und Okular liegt, verringert sich die Einblickhöhe beim Schwenk Richtung Zenit. Im Gegensatz dazu erhöht sich aber die Position der Augen, wenn man den Kopf in den Nacken legt. Bei meinem 20x80 Fernglas sind so 25cm Höhendifferenz zwischen Horizont- und Zenitbeobachtung zu überbrücken.

Eine Möglichkeit ist, ein Stativ mit Mittelsäule und Kurbel zu benutzen. Allerdings muss die Mittelsäule in jeder neuen Position arretiert werden und je näher man dem Zenit kommt, desto näher muss man mit dem Kopf an das Stativ heran. Ich finde diese Art der Ferngalsbeobachtung aber äußerst unbefriedigend und außerdem braucht man ein sehr hohes (und damit schweres) Stativ. Daher war ich auf der Suche nach einer brauchbaren Alternative und habe mich für eine Parallelogramm-Montierung entschieden.

Ein Parallelogramm hat einige Vorteile. Da alle beweglichen Teile in ihrem jeweiligen Schwerpunkt gelagert sind, bleibt das Fernglas in jeder Position sofort stehen, Klemmungen sind also überflüssig. Durch den Ausleger steht man bei der Beobachtung immer neben dem Stativ und wird durch dieses nicht behindert. Durch die parallele Verschiebung bei Änderung der Höhe bleibt ein eingestelltest Objekt im Bildfeld, so können auch unterschiedlich große Personen gemeinsam beobachten ohne neu zu positionieren.


Die Konzeption

Bei der Dimensionierung der Komponenten hat man relativ viele Freiheiten. Entscheidend ist die Höhe des Stativs, die zu überwindende Höhendifferenz für den Einblick und der gewünschte Abstand zum Stativ bei der Beobachtung. Je kleiner das Stativ, desto länger muss folglich das Parallelogramm werden, um eine bestimmte Zielhöhe zu erreichen. Bei zu kurzem Ausleger steht man gegebenenfalls zu dicht am Stativ. Die Länge des Gegengewichtsarms richtet sich nach vorhandenem oder gewünschten Gegengewicht. Bei langem Hebel erhöht sich der Schwenkbereich der Montierung erheblich, was vor allem beim Gruppenspechteln zu unangenehmen Zusammenstößen führen kann. Eine rote LED am Gegengewicht reduziert diese Gefahr deutlich.

Es gibt kommerzielle Parallelogramm-Montierungen im Astro-Handel. Da ich aber spezielle Anforderungen habe, kam für mich nur ein Selbstbau in Frage. Folgende Punkte waren für mich wichtig:


Beschreibung der Einzelkomponenten

Das Stativ

Ich verwende ein großes Carbon-Foto-Stativ mit drei Segmenten und einer maximalen Höhe von 163cm (inkl. Mittelsäule). Komplett eingeschoben kann die Parallelogramm-Montierung liegend auf einer Isomatte genutzt werden, mit zwei Segmenten sitzend und voll ausgefahren stehend von Personen bis über 200cm Körpergröße.

Das Stativ wiegt 1400g und lässt sich auf 64cm Transportlänge zusammenschieben.

Das Parallelogramm

Auf der Suche nach geeigneten Carbon-Rohren hatte ich die Idee, ein Carbon-Einbeinstativ zu benutzen. Dieses hat ein kleines Packmaß und gleichzeitig ausreichend stabile Verbindungen der Segmente. In den Fuß habe ich ein M6 Gewinde eingeklebt, an das das Gegengewicht geschraubt wird. Die Binoseitige Befestigung erfolgt über den originalen 3/8" Stativanschluss. hier wird einfach ein Holzklotz angeschraubt. Die mittlere Lagerung ist mit Rohrschellen angesteckt, die mit Schlauchschellen gegen Verrutschen gesichert sind. Damit bleibt das Einbeinstativ unverändert, insbesondere ohne zusätzliche Bohrungen, und kann jederzeit wieder als solches verwendet werden.

Die Binoseitige Helbellänge beträgt 60cm. Auf Seiten des Gegengewichts kann das Einbein auf bis zu 100cm ausgezogen werden, je nach Gegengewicht. Das Parallelogramm ist 10cm hoch. Die untere Stange besteht aus einem, mit den Holzklötzen verklebten, Carbonrohr mit 12mm Durchmesser.

Das Parallelogramm wiegt ohne Fernglas und ohne Gegengewicht 1300g. Es lässt sich ohne Zerlegen bis auf ca. 85cm zusammenschieben, zerlegt ist das längste Teil 63cm lang.

Lagerung

Das Azimutlager, und damit der Anschluss an das Stativ, besteht aus einem leichtgängigen Panoramakopf aus der Fotografie. An der mittleren Lagerung des Einbeins läuft Ebony-Star auf einer Teflon-Scheibe. Mit Hilfe einer Rändelschraube kann hier die Friktion eingestellt werden. Alle übrigen Gleitlager sind extrem einfach aufgebaut. Hier läuft lediglich selbstklebende Velourfolie auf den lackierten Holzteilen.

Fernglasanschluss

Den originalen Stativanschluss des Fernglases auf der Stabilisierungsstrebe habe ich entfernt und dafür einen durchbohrten Holzklotz eingesetzt. So kann ich das Fernglas in seinem Schwerpunkt montieren. Der Haltearm besteht aus zwei Multiplexleisten und einem weiteren Holzklotz, der einfach auf den 12mm Bolzen des Parallelogramms aufgesteckt wird. Die beweglichen Teile sind auch hier mit Velourfolie auf lackiertem Holz gelöst.

Gegengewicht

Gegengewicht an Stativfuss

Als Gegengewicht kommen zwei, jeweils 1,25kg schwere Hantelscheiben zum Einsatz. Diese stecken auf einem Rundholz und sind in das im Fuss des Einbeinstativs eingeklebte Gewinde geschraubt. Auf Reisen benutze ich zwei Wasserflaschen oder einen Beutel mit Sand oder Steinen.


Fazit

Parallelogramm-Montierung aus Carbon

Die Beobachtung großer Strukturen und der Milchstrasse mit einem Großfernglas ist schon ein besonderes Erlebnis. Mit einer Parallelogramm-Montierung wird das Vergnügen noch wesentlich kompfortabler. Trotz des geringen Gewichts ist die Konstruktion sehr stabil geworden und die Carbonrohre mit großem Querschnitt sind hervorragende Schwingungsdämpfer. Das gesamte Transportgewicht inkl. Stativ und Fernglas, aber ohne Gegengewicht, beträgt lediglich 5,2kg (2,5kg wiegt alleine das Fernglas). Alles passt ohne Probleme zusammen mit dem übrigen Gepäck in einen Reisekoffer oder auch in einen großen Rucksack. Und Wasserflaschen als Gegengewicht gibt es überall auf der Welt...